Irrlichter

Hier einmal eine Zusammenfassung der am häufigsten genannten irrigen Vorstellungen im Zusammenhang mit der möglichen Einführung einer grösseren Zahl von Elektrofahrzeugen.

A. Falsche Annahmen führen zu falschen Aussagen

  1. Bei der Frage der Effizienz von der Quelle zum Rad wird oft mit unrealistischen Annahmen herumgerechnet. Die populärsten Fehlannahmen dabei stammen oft aus Prüfstandexperimenten mit eher theoretischem Charakter, wurden mit wenig ausgereiften Prototypen erhoben oder basieren auf den bekanntermassen unrealistischen “offiziellen” Verbrauchstests. Auch sollte man bei Fragen, die die Zukunft betreffen auch möglichst aktuelle Bestwerte benutzen. Diese sind der bessere Ausgangspunkt für die Abschätzung von Auswirkungen in der Zukunft als alte Daten aus ersten Kleinserien.  Da aber ja heute keiner mehr nachprüft, was er abschreibt, wiederholt die Presse unrealistische Zahlen unzählige Male, wie der oben verlinkte Artikel schön illustriert. Dadurch werden die Aussagen natürlich nicht richtiger, aber sie erhalten mit der Zeit trotzdem den Anstrich einer allgemein gültigen Fachmeinung. Dazu kommen noch pointierte Meinungen von Interessenvertretern, die es z.B. nicht scheuen potente Sportwagen oder grosse Limousinen mit kurzatmigen Kleinwagen zu vergleichen. In einem Falle gipfelte das im Schluss, dass es klüger sei anstelle eines Elektroautos einfach einen viel kleineren Wagen mit Dieselmotor zu fahren. Wäre es dann nicht noch besser gar nicht zu fahren? Fachmeinungen zu Neuerungen sind oft auch Ausdruck des schwierigen Umganges mit der eventuellen Entwertung des eigenen Wissens und Könnens. Man darf nicht vergessen, dass gelegentlich ganze Industrien innert wenigen Jahren umgekrempelt werden. Neue Technik, fremd dem eigenen Wissen, kann für jedes Unternehmen eine schwierige Lage schaffen. Es fehlt das Management, wie die technische Expertise, mit dem richtigen Wissen auf allen Stufen und damit das Urteilsvermögen das man bräuchte, um rechtzeitig und korrekt handeln zu können. Manchmal spielt auch die bekannte Furcht vor der "technischen Lösung" ("Technological Fix") eine Rolle, die eigene hehre und eher ideologisch motivierte Ziele hintertreiben könnte. Ist man z.B. ein Verkehrsgegner, ist die Luft- und Lärmbelastung der heutigen Fahrzeuge ein willkommenes Phänomen, denn sie legitimieren die Gegnerschaft. Eine technische Lösung wäre dann so etwa das Schlimmste, was passieren könnte.
  2. Die publizierten Verbrauchsangaben von Verbrennungsmotoren werden mit Testzyklen unter genau kontrollierten Bedingungen ermittelt. Erfahrungen zeigen, dass im gewöhnlichen Fahrbetrieb der effektive Verbrauch meist über den Werten der Testresultate liegt, was nicht anders zu erwarten ist. Wenn wir daher Verbrauchszahlen aus Testzyklen benutzen, bewerten wir Verbrennungsmotoren in aller Regel sehr konservativ und unterschätzen den effektiven Verbrauch. Wir vernachlässigen auch z.B., dass die oft kurzen Fahrten mit kalten Motoren ungünstige Verbrauchswerte bei hohem Schadstoffausstoss bewirken - weit über nominellen Testzykluszahlen: ein Effekt, der mit Elektromotoren nicht auftreten kann. Leider gibt es kaum brauchbare Erhebungen zum effektiven Verbrauch unter realen Fahrbedingungen. So verwendete ich in den Abschätzungen hier trotzdem Testzyklusresultate - im Bewusstsein, dass damit Verbrennungmotoren wohl zu gut bewertet werden. Ebenfalls sollte klar sein, dass Treibstoffe nicht verlustlos in den Tank geflogen kommen, sondern in grossen Anlagen (Raffinerien) unter erheblichem Energieaufwand hergestellt werden und der Rohstoff dazu meist aus fernen Landen stammt, von Teersanden gar nicht zu sprechen. Weitere Angaben zur effektiven Effizienz finden sich z.B. in den Publikationen der EPA in den USA (engl.), oder hier in einer neueren Studie aus Holland (2019).
  3. Ungenauigkeiten ergeben sich auch bei der Bewertung der verwendeten Elektrizität. Hier ist es durchaus sinnvoll lokale Gegebenheiten zu beachten. Es stellt sich die Frage nach der Herkunft der zusätzlich notwendigen Stromproduktion. In Deutschland stellt wohl Kohle bezüglich der resultierenden Umweltbelastung einen brauchbaren ungünstigsten Fall dar. 
  4. In Zahlen resultiert mit den mittlerweile gut dokumentierten Verbrauchsdaten ausgereifterer Fahrzeuge das Folgende:  Beschränken wir uns einmal auf den CO2 Ausstoss und nehmen wir beispielsweise das geplante Kohlekraftwerk von Vattenfall bei Hamburg mit einem CO2 Ausstoss von 720g/kWh elektrisch. Zur Berücksichtigung der Uebertragungverluste runden wir das auf 800 g/kWh auf. Mit einer kWh fährt ein Tesla Model 3 6-7 km. Der CO2-Ausstoss erreicht also selbst mit Kohlestrom bloss 110-130 g/km. Ein leistungsmässig etwa vergleichbarer benzingetriebener Sportwagen mit 300PS würde sehr viel mehr CO2 produzieren (270-490 g/km). Für die grosse und sehr flinke, Limousine, das Model S, das man etwa mit einem 7-er BMW vergleichen könnte, ergibt sich ein ähnliches Resultat. Bloss die Dieselversion des BMW, zwar leistungsmässig nicht in der gleichen Klasse, könnte nominell vergleichbare Werte erreichen. Weitere Daten für mit dem Model S vergleichbare Fahrzeuge finden sich z.B. in der Autozeitung. Da steht ein Verbrauch von 8.6l/100Km 17 kWh/100Km gegenüber also etwa ein Faktor 5 höherer Verbrauch eines Benziners, wenn wir für Benzin seine Verbrennungswärme veranschlagen. Also selbst wenn wir Benzin zuerst in Strom verwandeln würden und nur noch einen Drittel in kWh erhalten, bleibt für den elektrischen Antrieb ein Vorteil erhalten. Dies ist natürlich genau der Effekt, den hybride Antriebe teilweise nutzen können. Wir haben bei dieser Rechnung aber weder Verluste für den Transport und die Herstellung von Benzin oder Diesel eingerechnet, noch die in der Realität schlechteren Verbrauchsdaten berücksichtigt.  Dazu entsteht in beiden Fällen nicht nur CO2 und es besteht ein sehr grosser Unterschied, ob sämtliche Abgase, insbesondere auch Feinstaub, dem Fussgänger in der Stadt unmittelbar ins Gesicht geblasen werden, oder ob sie weit entfernt über einen Hochkamin entweichen. So ist es durchaus angebracht in Smog-geplagten Städten den Elektroantrieb besonders zu fördern - ganz unabhängig davon wie der Strom erzeugt wurde. Die durch den Verkehr verursachte Luftverschmutzung in den Ballungsräumen ist nicht zu unterschätzen, wie auch das Bild unten schön illustriert (Quelle BBC, AFP).Ich kann mit der obigen Überschlagsrechnung also die, besonders im deutschen Sprachraum, häufig geäusserte und fleissig abgeschriebene Meinung, dass sich Elektrofahrzeuge nur mit Wind oder Solarenergie rechtfertigen, nicht nachvollziehen - selbst nicht mit für Verbrennungsmotoren relativ günstigen Annahmen und den Daten für Kohlestrom alleine. Das heisst selbstverständlich nicht, dass nun auf ewig bloss Kohle verstromt werden soll. Es gibt bekanntlich noch andere Möglichkeiten Strom zu erzeugen. Studien der "Union of Concerned Scientists" in der USA und ein vor Kurzem erschienener Bericht aus Polen, bestätigen diese Schätzungen. Auch sog. Lifecyclestudien, wie z.B. hier, (MIT engl.) oder hier durch Volkswagen, bestätigen immer wieder den Vorteil batterie-elektrischer Traktion. Man muss ja auch nicht immer gleich die Rechnung für die Batterien mit chinesischem Kohlestrom möglichst “konservativ” schmücken, sondern könnte es vielleicht einmal auch Tesla gleichtun (s.u.). 
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B. Auf der Suche nach Problemen

  1. Hoher Mehrverbrauch an Strom:  Wie im Text Energy Efficiency erläutert, können wir in erster Näherung annehmen, dass ungefähr ein Zehntel des thermischen Energieinhaltes der verwendeten Treibstoffe als Mehrverbrauch an Elektrizität anfallen dürfte. Ersetzen wir nun z.B. in der Schweiz Benzin vollständig durch Elektrizität, benötigen wir für die 98 PJ  Benzin (2018):  98/10 = 9.8 PJ Strom oder 2740 GWh. Dies entspricht knapp 5% des jährlichen Endverbrauches an Elektrizität (57647GWh im 2018) . Ähnliche Abschätzungen für Deutschland hier, oder wie hier in der Zeit, zeigen ebenfalls: Elektroautos sind keine Gefahr für die Stromversorgung. Auch eine neuere Studie von McKinsey & Company, die auch die zu erwartenden Lastkurven untersuchte, fand keine unlösbaren Probleme. Bei vielen Studien fällt auf, dass sie wahrscheinlich mehrheitlich von “Nichtelektroautofahrern im Alltag” verfasst wurden. Das verleitet dann zu reichlich extremen Annahmen, die in der Praxis viel bescheidener ausfallen dürften. Dazu ist zu bedenken, dass ein Wechsel der gesamten Fahrzeugflotte wohl mehr als eine Dekade beanspruchen dürfte und so wäre der den Fahrzeugen anzurechnende jährliche Mehrbedarf in der Jahresbilanz kaum auszumachen. Selbst ein zusätzlicher Teilersatz des Dieselverbrauches (von total 101PJ) würde das Ergebnis höchstens auf etwa 10% des jährlichen Elektrizitätverbrauches erhöhen. Dieser Verbrauch hat übrigens seit 2005 nicht mehr zugenommen - trotz dem weitverbreiteten Einsatz neuer Wärmepumpen im Heizungsbereich. Dabei wäre dann noch die respektable Einsparung an Oel-Importen zu berücksichtigen, die auch mikro- wie nationalökonomisch interessante Folgen haben dürfte, da ja die Kosten der Erdölprodukte für die Traktion die Kosten für Elektrizität in dieser Verwendung heutzutage deutlich übersteigen (vor Steuern selbstverständlich). Zur Zeit  ist z.B. auch die Photovoltaik in dieser Anwendung sehr konkurrenzfähig: auch ein Resultat der hohen Effizienz des Elektrizitätseinsatzes. Dabei sei noch erwähnt, dass Strom auf dem Transport oder beim Verbrauch weder verschüttet, eingeatmet oder verschluckt werden kann.
  2. Elektroautos mit Batterien können nicht so schnell geladen werden, wie man Benzin einfüllen kann:  Diese Feststellung trifft für die meisten der wenigen heute (2018) käuflichen elektrischen Fahrzeuge zu. In den USA, Europa, wie auch in China, Japan und Australien wurde erst durch Tesla Motors ein neues Schnelladenetz aufgebaut. An diesen Stationen kann das Model S mit bis 130kW Leistung nachladen. Da dieser Wagen mit seiner 85-100kWh Batterie Reichweiten bis über 500Km hat, benötigt er solche Schnellladungen bloss auf recht langen Fahrten. Ein Ladehalt von etwa 30 Minuten stellt dann keine wesentliche Einschränkung der praktischen Tagesfahrt-Reichweite mehr dar. Wichtig ist den Zusammenhang zwischen Reichweite und der Häufigkeit schneller Ladungen zu erkennen. Das Tesla Model S mit seiner grossen Reichweite benötigt ein viel weniger dichtes Schnelladenetz als alle anderen bisher vorgestellten und käuflichen Fahrzeuge. Schnelladestationen müssen dabei keineswegs sehr teuer sein. Tesla sagte, dass sie dank der Kenntnisse und Erfahrungen mit Motorsteuerungen, problemlos in der Lage waren, effiziente und kostengünstige Stationen herzustellen. Weitere Einzelheiten zu diesem Netzwerk finden sich hier, wie auch im untenstehenden Film zur Eröffnung des Netzes am 22. September 2012. Tesla Motors kalkulierte auch, dass selbst die gesamten USA mit einem Netzwerk zu überziehen, keineswegs prohibitive Kosten verursachen wird und offerierte den Schnelladedienst den Tesla Model S Kunden bis 2016 kostenlos. Schon Ende 2013 wurde es möglich mit einem Model S und seinen Schnelladern in Holland und Deutschland in einem Zug von Holland in die Skiferien in der Schweiz zu fahren. Natürlich sind selbst diese Leistungen bloss der Ausdruck dessen, was gerade mal heute praktisch und wirtschaftlich möglich ist. Noch kürzere Ladezeiten und noch grössere Reichweiten sind erreichbar und in Arbeit. Vor kurzem (2018) haben auch ein paar europäische Autohersteller mit dem Aufbau eines vergleichbar leistungsfähigen Netzwerkes begonnen. Die ersten Stationen dieses Netzes (Ionity) sind flexibel ausgelegt und nebst Gleichstromladungen (CCS) werden auch Wechselstromanschlüsse zur Verfügung gestellt. Vielleicht bleiben auf der transsibirischen Autobahn und in Deutschland die fleissigsten Non-Stop Langstreckenfahrer zwar noch eine Weile  ihren konventionellen Rennreiselimousinen treu, aber repräsentieren sie die Mehrheit der Autofahrer? 
  1. Gefährliche Steckdosen: Auf der Suche nach brauchbaren Steckdosen wurden schon zahlreiche Vorschläge gemacht. Zumeist hat man den Eindruck, dass dabei Sicherheitsbedenken bloss dazu benutzt werden, nationale oder lokale Interessen zu schützen. Es ist auch nicht verständlich, weshalb sich nun jedermann, der bisher offenbar das einstöpseln seines Haartrockners im Badezimmer überlebt hat, sich plötzlich beim anschliessen seines Autos in Lebensgefahr befinden soll. So zeigt eine gute Studie des Forum Elektromobilität in der Schweiz, dass die heute gängigen CEE Steckdosen durchaus schon sehr brauchbar wären. Sie sind ja auch tausendfach und unter oft misslichen Bedingungen, auf Baustellen, Campingplätzen und in Bootshäfen ohne Probleme im Einsatz. Die Bedienung ist sehr sicher, wenn auch die 32A Varianten schon als etwas schwergängig empfunden werden können. Es wird auch gerne an proprietären Datenaustauschleitungen über Steckdosen herumlaboriert. Erfolgreich dabei ist meist bloss die Verhinderung der Ladevorganges (s. Handelsblatt Test oder auch wie hier 2014 in Hamburg). Erst seit kurzem hat man entdeckt, dass die Abrechnung auch ohne Änderungen am Stecker erfolgen kann (mit RFID Karten z.B.). Ein gut entwickeltes Auto sorgt selber dafür, dass der Stecker zuerst stromlos ist und erst nach erfolgter Kontaktkontrolle der eigentliche Ladevorgang eingeschaltet wird. Schon der Tesla Roadster prüft unter anderem auch die Art des verwendeten Steckers und stellt die maximale Leistungsaufnahme entsprechend ein. So genügt für den mittlerweile fast 10 Jahre alten Roadster zum Laden, nebst der Haushaltsteckdose, auch jedes Baustellenprovisorium. Fortschritt scheint eine zähe Angelegenheit zu sein.
  2. Schnelladestationen:  Hier sind verschiedene Systeme im Einsatz. Recht elegant, gut handhabbar, wie relativ kostengünstig, ist das von Tesla Motors eingeführte System. Der von der Autoindustrie vorgeschlagene Alleskönner-Stecker wirkt dagegen eher schwerfällig. Auch schafften es die Tesla Model S Ingenieure problemlos auch für Gleichstrom-Schnellladungen den nunmehr gängigen Mennekes Stecker (Typ 2) zu verwenden. Die Systeme werden sich in der Praxis bewähren müssen und es bleibt abzuwarten in welche Richtung die Entwicklung führen wird. Die lokalen Stromnetze unterscheiden sich teils erheblich, insbesondere zwischen den USA, wie auch Japan und andererseits Europa, wo Drehstrom vielerorts bis in die Haushalte geführt wird. Sollte sich der Ansatz von Tesla mit relativ grossen Reichweiten (500 Km und mehr) durchsetzen, sinkt der Bedarf nach Schnelladungen erheblich, da ja der Prozentsatz an Langfahrten sehr klein ist. Weitaus die meisten Fahrten führen vielerorts in Europa über weniger als 30Km Tagesdistanz. Obschon Ladestationen, selbst Schnelladestationen, im Vergleich zu einer Tankstelle relativ billig erstellt werden können, kann es schwierig bleiben mit dem Verkauf einer relativ selten beanspruchten Dienstleistung, einen brauchbaren Ertrag zu erzielen. Die Installation rechtfertigt sich am ehesten als Dienst am Kunden eines Hotels, Restaurants oder einer Einkaufsmeile. Es hat sich bisher gezeigt, dass im Normalfall ein Elektroauto vornehmlich an seinem Heimstandort und vielleicht gelegentlich am Arbeitsplatz seines Besitzers geladen wird. Es ist einfach auszurechnen, dass dazu ein 10-16A einphasiger Haushaltanschluss meist ausreicht. Er reicht z.B. um täglich mit dem relativ effizienten Tesla Roadster 140-220 km, ohne weitere Ladungen unterwegs, zurückzulegen. Für hiesige Verhältnisse wären das schon respektable "Pendlerdistanzen”. Der Bedarf an Ladestationen, fern des meist benutzten Parkplatzes oder seiner Garage, wird meist überschätzt. Den Zusammenhang zwischen Ladestrom und Fahrdistanzen erläutert die Tabelle unten. Sie wurde für den Jaguar I-Pace gerechnet:
Jag I-Pace charging


  1. Teure und seltene Rohmaterialien: Zur Diskussion stehen etwa die sogenannten "seltenen Erden", wie auch Kupfer und Lithium. Weder die "seltenen Erden" noch die anderen Elemente sind aber in der Erdkruste selten anzutreffen. Die seltenen Erden werden unter anderem in Permanentmagneten für gewisse Motorentypen verwendet, aber nicht alle Elektromotoren benötigen Magnete oder gleichviele Magnete. So enthalten zum Beispiel die Motoren im Tesla Roadster und den Tesla Model S keine Magnete. Lithium für die Batteriezellen stammt zur Zeit vor allem aus Südamerika. Es wird geschätzt, dass genügend Produktionskapazität für etwa 2 Millionen Fahrzeuge schon 2015, auch ohne grössere neue Minen, bereitgestellt werden könnte. Es wird auch gern vergessen, dass die Batterie, nicht wie Benzin  aufgebraucht wird, sondern rezykliert werden kann. Zum Abbau von Lithium, in Südamerika vor allem, gibt es wenig belastbares Zahlenmaterial und so sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Eine gute Uebersicht zum Stand des Wissens (2019) findet sich im Handelsblatt hier. Natürlich muss auch nicht in alle Zukunft bloss Lithium verbaut werden, wie etwa das Konzept einer “Protonenflusszelle” illustriert. Auch hier sind Projektionen über eine Dekade hinaus mit grösster Vorsicht zu geniessen. Kurzfristig in Mode waren auch Meldungen zu fürchterlichen Problemen mit der Versorgung mit Kobalt. Auch hier wird die Sorge kaum lange anhalten können. Schon die Batterien von Tesla enthalten nur einen Bruchteil der Mengen, die andere Hersteller 2018 noch benötigten. Zu diesem Thema sei noch auf den Tesla Impact Report hingewiesen, der auch die Massnahmen bei Beschaffung der Rohmaterialien beschreibt. Eine sehr gute Zusammenstellung weshalb all die furchtbaren Folgen der Herstellung von Batterien praktisch ausnahmslos unsinnig sind, findet sich bei Olav Dreier hierWeshalb eigentlich sich nun die Presse zumeist auf irgendwelche unkritisch abgeschriebene Schauergeschichten beschränkt, bleibt mir verschlossen.
  2. Gefährliche Batterien: Hier bestehen selbstverständlich grosse Unterschiede zwischen verschiedenen Batterietypen. Am schwierigsten dürfte die Handhabung der heute gängigen Bleibatterien mit dem hochgiftigen Schwermetall Blei sein. Ich hatte vor Jahren Gelegenheit eine Anlage zur Rezyklierung von Bleibatterien in Holland zu besichtigen. Es ist nicht einfach Bleibatterien ohne Gefährdung von Mitarbeitern und Umwelt zu verarbeiten. Für Elektrofahrzeuge werden aber diese Batterien keine grössere Bedeutung erhalten - sie sind zu schwer.
    Im Vordergrund stehen heute Li-Ionen Zellen verschiedener Bauarten und chemischer Zusammensetzungen. Sie sind nicht mit Bleibatterien vergleichbar: Sie sind viel weniger toxisch und
    relativ problemlos rezyklierbar. Verschiedene Studien belegen diese Sachverhalte gut und man muss sich schon anstrengen, um mit Hilfe der Batterien einen Nachteil für Elektrofahrzeuge gegenüber den heute üblichen Fahrzeugen zu konstruieren. Lithium ist ein reaktives Metall und kann brennen. Batterien für den mobilen Einsatz müssen daher, genau wie das Auto, Crash -Tests bestehen. Besondere zusätzliche Prüfverfahren dazu werden laufend weiter entwickelt. Aus bisherigen Tests und einzelnen Unfällen ist bisher keine besondere Gefährdung abzuleiten. Ein Elektroauto ist voraussichtlich sogar um Vieles sicherer als konventionelle Fahrzeuge mit Benzin im Tank. Zahlreiche Fahrzeugbrände zeugen davon; von Tanklasterunfällen und den selteneren, aber oft schwerwiegenden Bränden in Raffinerien gar nicht zu sprechen.
  3. Viel zu teuer: Dass Elektroautos viel zu teuer sind und auch viel zu teuer bleiben müssen, ist natürlich Unsinn. Das Tesla Model S, wie das Model 3  z.B. sind in ihren Marktsegmenten keineswegs zu teuer, sondern in Anbetracht der Fahrleistungen sogar sehr konkurrenzfähig, selbst ohne die viel geringeren Energiekosten für den Fahrbetrieb zu berücksichtigen. Das neue Modell 3 wird dazu voraussichtlich noch deutlich profitabler für Tesla als das Modell S. Auch die Preise für den Nissan Leaf fielen zum Erstaunen von Industrie und Fachwelt durchaus moderat aus. Dass es noch keine kleinen, billigen und leistungsfähigen Fahrzeuge, mit brauchbarer Reichweite, für den Massenmarkt gibt, ist eine bei der Einführung neuer Technik, typische Erscheinung. Gerade bei Fahrzeugen sind grosse, effizient produzierte, Stückzahlen nicht über Nacht erreichbar. Zudem haben im Automarkt die teureren Segmente traditionell höhere Margen, was den Einstieg für einen Neuankömmling mit neuer Technik in diesem Segment sehr erleichtert. Es bestehen nun aber Anzeichen, dass die nächste Phase begonnen hat: Die Batteriepreise sind schon heute viel tiefer als in praktisch allen gelehrten Studien auf 2020 erwartet wurde und es zeichnet sich eine turbulente Entwicklung ab, wie etwa die Wirtschaftswoche (Seite 4 unten) hervorhebt. Gemäss einer Aussage von ABB wird erwartet, dass schon in 2-3 Jahren ein Elektroauto gesamthaft billiger zu produzieren sein dürfte als ein vergleichbares konventionell angetriebenes Auto. Diese Einschätzung wird auch von anderen gestützt. Wir  könnten dem sogenannten "Tipping Point" schon sehr nahe sein, wie der Zukunfts- und Trendforscher Lars Thomsen hier in seinem Vortrag vom September 2013 erläuterte.
  4. Zu kurze Lebensdauer der Batterien: Selbstverständlich sind Langzeiterfahrungen mit käuflichen Fahrzeugen noch recht selten. Die besten Daten liefern zur Zeit die Tesla Modelle mit einzelnen Kilometerleistungen über mehrere 100'000 Km und einer genügend grossen Anzahl Fahrzeugen im Markt.  Eine externe Untersuchung der Daten für den Roadster ergab, dass die ursprünglichen Angaben von Tesla Motors übertroffen werden und dass bei diesen Batterien auch in heissen Klimata keine ungewöhnliche Alterung auftrat. Aufgrund neuester Daten schätzt Tesla nun die Lebensdauer der neuen Batterien im Tesla Model 3 und auch die des ganzen Fahrzeuges viel höher ein, als immer wieder für Elektrofahrzeuge kolportiert wird.
  5. Fragen der Oekobilanz mit Herstellung und Entsorgung: Sind offenbar ein Dauerbrenner, obschon mehrere sehr gründliche Studien nicht nur kein Problem entdeckt haben, sondern der elektrischen Traktion grosse Vorteile zuweisen. Zwei dieser Studien habe ich bei Energiefragen erwähnt und wurden in der Wirtschaftswoche auch für die Verhältnisse in Deutschland nachgerechnet
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Quelle: Union of Concerned Scientists


9. Wo kommt denn all der Strom her, den wir benötigen würden?

 Auch hierzu finden sich zahlreiche Rechnungen - auch falsche. Eine neuere, plausibel und einfach gerechnete, Einschätzung für Deutschland findet sich z.B. im obenerwähnten Artikel der WiWo

„Bis 2030 gibt es keinen feststellbaren Einfluss der E-Mobilität auf Versorgungssicherheit und Netzstabilität“, heißt es in einer aktuellen Studie des Forschungszentrums der Energiewirtschaft dazu.

Dass sich diese Aussage wenig für erschütternde Schlagzeilen eignet, ist einzusehen und somit verwundert das geringe Echo in der Presse nicht.

Wer das alles nicht so recht glauben kann, aber sich doch noch weiter informieren möchte, findet viel gut dokumentiertes und aktuelles Material bei Martin Rotta (martin_rotta@hispeed.ch. Der Download der umfangreichen Seiten als “pdf" dauert etwas, also dem Browser nicht gleich schliessen.

Viel Zahlenmaterial aus der Schweiz findet sich auf den übersichtlichen Seiten von Patrick Feisthammel und für Deutschland in einer neueren Studie von McKinsey & Company. Dort wird auch näher auf die eventuellen Auswirkungen auf die Lastfaktoren im Netz eingegangen.